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Achtung: Ansprüche aus der Berufs­unfähigkeits­versicherung verjähren

Foto von Swantje Niemann
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Das Wichtigste in Kürze

  • Seit 2008 gilt für Ansprüche aus der Berufs­unfähigkeits­versicherung eine Verjährungsfrist von drei Jahren.
  • Aus diesem Grund ist es wichtig, Leistungen schnell zu beantragen beziehungsweise schnell auf eine Ablehnung zu reagieren.
  • Verjährung spielt auch bei den Gesundheitsfragen eine Rolle.

Das erwartet Sie hier

Wann Ansprüche aus der Berufs­unfähigkeits­versicherung verjähren und was Sie deswegen tun sollten.

Inhalt dieser Seite
  1. Wann verjährt die BU?
  2. Beispielfall
  3. Wann verjähren Vor­­erkrankungen?
  4. Fazit

Wann verjährt Ihr Anspruch auf die Berufs­unfähigkeitsrente?

Drei Jahre Verjährungsfrist

Wenn Sie aus gesundheitlichen Gründen berufsunfähig werden und eine Berufs­unfähigkeits­versicherung haben, sollten Sie Ihren Leistungsantrag so früh wie möglich stellen und bei einer Ablehnung auch schnell klagen. Denn der Anspruch auf Leistungen der Berufs­unfähigkeits­versicherung kann verjähren. Seit 2008 ist die Verjährungspflicht auf drei Jahre festgelegt, vorher konnten Berufs­unfähigkeits­versicherer diese Frist einseitig verkürzen. Sie beginnt mit dem Ende des Jahres, in dem der Anspruch auf die Leistung entstanden ist. Die Verjährung kann unter anderem durch die Erhebung einer Klage aufgehalten werden, es handelt sich dabei um eine sogenannte verjährungshemmende Maßnahme.


Warum gibt es eine Verjährungsfrist?

Wartet man jedoch mit der Klage zu lange, ist es nicht länger möglich, die Leistung einzufordern. Diese Regelung zur Verjährung eines sogenannten Stammrechts wurde eingeführt, damit Versicherer sich nicht Jahre später mit einem vermeintlich abgeschlossenen Fall beschäftigen müssen, bei dem der zeitliche Abstand es schwieriger macht, zu ermitteln, ob eine Leistungspflicht besteht.

So beantragen Sie Ihre Berufs­unfähigkeitsrente


Reagieren Sie rechtzeitig

Im Fall, dass Ihr Antrag auf Anerkennung der Berufs­unfähigkeit und damit auf die Zahlung der vereinbarten Berufs­unfähigkeitsrente unrechtmäßig abgelehnt wird, sollten Sie nicht zu lange warten, sondern sich an einen Fachanwalt wenden, der auf Versicherungs­recht spezialisiert ist. Im Zweifel können Sie sich auch im ersten Schritt erst mal an Ihren Versicherungs­makler wenden und ihn um Rat bitten. Diese Möglichkeit besteht natürlich nur, wenn die Berufs­unfähigkeits­versicherung über einen Makler abgeschlossen wurde. Auch ein Ombudsmannverfahren ist eine Option.

Was tun, wenn die Versicherung nicht zahlt?

Beispielfall: Warum eine rechtzeitige Klage wichtig ist

Verhandlung am Oberlandesgericht Stuttgart

Am Oberlandesgericht Stuttgart wurde vor einigen Jahren ein Fall verhandelt, in dem es um Ansprüche aus der Berufs­unfähigkeits­versicherung ging. Der Versicherungsnehmer hatte seine Versicherung auf Zahlung der Berufs­unfähigkeitsrente und anderer Geldzahlungen verklagt. Das Gericht begründete sein Urteil vom 3. April 2014 mit allgemeinen Verjährungsfristen, die in diesem Fall Anwendung finden.


Icon Papiere

Die Klage

Der Versicherungsnehmer, ein 1965 geborener Kraftfahrer der zuletzt bei der Deutschen Post AG tätig war, reicht im Mai 2013 Klage beim OLG Stuttgart ein. Er verklagt seine Versicherung auf die Zahlung einer ausstehenden Berufs­unfähigkeitsrente, auf die Rückzahlung durch ihn gezahlter Versicherungsbeiträge, auf die Erstattung von Anwaltskosten, sowie auf die zukünftige Zahlung der vertraglich vereinbarten BU-Rente in Höhe von monatlich 663,00 €. Der gesamte Streitwert beläuft sich damit auf eine Summe von mehr als 95.000,00 €.


Die Vorgeschichte

Der Kläger hat zwei Berufs­unfähigkeits­versicherungen bei der Beklagten abschlossen. Der erste Vertrag lief bereits seit 1993 und der zweite wurde im Jahr 2000 unterschrieben. Im Januar 2007 stellt er einen Antrag auf Anerkennung seiner Berufs­unfähigkeit und damit verbunden möchte er ab 1. Januar 2007 die vereinbarte Rente in Höhe von 663,00 € erhalten. Er bezieht sich in seinem Antrag auf den vertraglich vereinbarten Sachverhalt, dass er im Fall einer mindestens 50-prozentigen Berufs­unfähigkeit eine monatliche Rente in Höhe von 663,00 € erhält. Die Zahlungen würden bis längstens 31. Dezember 2025 erfolgen. Darüber hinaus würde er im Falle, dass ihm die beantragte Rente gezahlt wird, von weiteren Beitragszahlungen befreit werden.

Klage erfolgte erst sechs Jahre später

Seine Berufs­unfähigkeit begründet er mit einer Bandscheibenerkrankung und deren Nachwirkungen. Darüber hinaus treten motorische Ausfälle in seinem linken Bein auf und er leidet unter Bluthochdruck. Im Mai 2007 erhält er ein Schreiben seiner Versicherung, in dem ihm mitgeteilt wird, dass sein Antrag auf Zahlung der Brufsunfähigkeitsrente endgültig abgelehnt wird. Erst sechs Jahre später, im Mai 2013, reicht der Kraftfahrer Klage beim Landesgericht Stuttgart ein. Leider geht aus dem Urteil weder hervor, warum die Versicherung den Antrag des Versicherungsnehmers ursprünglich abgelehnt hat, noch warum der Betroffene sechs Jahre gewartet hat, bis er Klage gegen die Ablehnung eingereicht hat.

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Das Urteil

Die Klage des Versicherungsnehmers wurde sowohl in erster als auch in zweiter Instanz abgewiesen. Das heißt, nachdem das Landesgericht Stuttgart die Klage abgewiesen hatte, entschloss sich der Kläger, in Berufung zu gehen. Diese wurde vom Oberlandesgericht am 3. April 2014 ebenfalls abgewiesen. Auch eine Revision wird nicht zugelassen.

Die Begründung

In dem Moment, in dem der Versicherte der Versicherung seine Berufs­unfähigkeit mitgeteilt hat, hat er seine Gesamtansprüche erhoben. Damit beginnt die Verjährungsfrist dieser Ansprüche. Die allgemeinen Verjährungsfristen sind in den Paragrafen 195 und 199 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) geregelt. Die Entstehung eines Anspruchs gemäß § 199 Abs. 1 BGB setzt seine Fälligkeit voraus. Dies gilt auch für ­versicherungsrechtliche Ansprüche, deren Fälligkeit allerdings nach den Fälligkeitsvorschriften des Versicherungs­vertrags­gesetzes (VVG) zu bestimmen ist.

Zu spät geklagt, kein Anspruch auf Berufs­unfähigkeitsrente mehr

In einfachen Worten ausgedrückt: Der Betroffene hat seine Klage schlicht zu spät eingereicht. Mit dem Erhalt des Ablehnungsschreibens vom Mai 2007 begann die Verjährungsfrist. Mit Ablauf der Verjährungsfrist erlöschen alle Ansprüche des Versicherungsnehmers. Laut der herangezogenen Gesetze trat die Verjährung mit Ablauf des dritten Jahres nach Zugang des Ablehnungsschreibens ein. In diesem konkreten Fall sind alle Ansprüche der Klägers somit am 1. Januar 2011 erloschen. Dies bezieht sich auch auf zukünftige Rentenzahlungsforderungen für den verhandelten Versicherungsfall und damit auf die Folgen des in der Klageschrift angegebenen Bandscheibenvorfalls.

Die zitierten Paragraphen

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§ 195 BGB Regelmäßige Verjährungsfrist:
„Die regelmäßige Verjährungsfrist beträgt 3 Jahre.“

§ 199 BGB Beginn der regelmäßigen Verjährungsfrist und Verjährungshöchstfristen
(1) Die regelmäßige Verjährungsfrist beginnt, soweit nicht ein anderer Verjährungsbeginn bestimmt ist, mit dem Schluss des Jahres, in dem 1. der Anspruch entstanden ist und 2. der Gläubiger von den, den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste.
[…]

§ 14 VVG: Fälligkeit der Geldleistung
(1) Geldleistungen des Versicherers sind fällig mit der Beendigung der zur Feststellung des Versicherungsfalles und des Umfanges der Leistung des Versicherers notwendigen Erhebungen. (2) Sind diese Erhebungen nicht bis zum Ablauf eines Monats seit der Anzeige des Versicherungsfalles beendet, kann der Versicherungsnehmer Abschlagszahlungen in Höhe des Betrags verlangen, den der Versicherer voraussichtlich mindestens zu zahlen hat. Der Lauf der Frist ist gehemmt, solange die Erhebungen infolge eines Verschuldens des Versicherungsnehmers nicht beendet werden können. (3) Eine Vereinbarung, durch die der Versicherer von der Verpflichtung zur Zahlung von Verzugszinsen befreit wird, ist unwirksam.

Wann verjähren Vor­erkrankungen?

Auch Vor­erkrankungen verjähren

In den Gesundheitsfragen fragen die Berufs­unfähigkeits­versicherer nach gesundheitlichen Problemen in bestimmten Zeiträumen, meist in den letzten fünf oder zehn Jahren. Fand zum Beispiel die letzte Sitzung einer erfolgreichen Psychotherapie mehr als zehn Jahre vor Ihrem Antrag statt, müssen Sie sie meistens nicht angeben.

Überstandene Vor­erkrankungen verjähren also. Es ist aber wichtig, dass sie tatsächlich überstanden sind. Da Versicherer verschiedene Betrachtungszeiträume für bestimmte Vor­erkrankungen haben, kann es sein, dass Ihre Chancen auf eine gute Versicherung bei verschiedenen Anbietern unterschiedlich gut stehen. Teilweise wird bei einigen Vor­erkrankungen auch nur nach den letzten drei Jahren gefragt.


Icon Vertrag mit Unterschrift

Wann verjähren Gesundheitsfragen?

Da falsche Angaben bei den Gesundheitsfragen Sie Ihre Berufs­unfähigkeitsrente kosten können, sollten Sie darauf achten, korrekte Angaben zu Vor­erkrankungen und anderen Risikofaktoren zu machen. Allerdings können auch falsche Angaben verjähren: Versicherer haben nach Vertragsschluss zehn Jahre Zeit, um einen Vertrag wegen Täuschung anzufechten. Fallen falsche Angaben in dieser Zeit nicht auf, muss die Versicherung bei Berufs­unfähigkeit leisten.

Fazit

Falls Sie berufsunfähig werden, sollten Sie dies so schnell wie möglich feststellen lassen und Ihrer Berufs­unfähigkeits­versicherung melden. Lehnt diese eine Leistung ab, sollten Sie sich auch nicht zu viel Zeit damit lassen, dies anzufechten. Dass Sie schnell handeln, ist so wichtig, weil Ihr Anspruch auf die Berufs­unfähigkeitsrente verjähren kann. Die Verjährungsfrist beträgt drei Jahre.

Für falsche Angaben bei den Gesundheitsfragen gilt eine Verjährungsfrist von zehn Jahren. Sie sollten aber dennoch darauf achten, die Fragen korrekt und vollständig zu beantworten, auch wenn das einigen Rechercheaufwand bedeutet. Immerhin besteht das Risiko, dass Sie bereits in den ersten zehn Jahren der Vertragslaufzeit berufsunfähig werden.


Die häufigsten Fragen zur Verjährung in der Berufs­unfähigkeits­versicherung

Wann verjähren Ansprüche an die Berufs­unfähigkeits­versicherung?

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Für Leistungsansprüche an die Berufs­unfähigkeits­versicherung gilt eine Verjährungsfrist von drei Jahren.

Wann verjähren Gesundheitsfrage in der BU?

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Falsche Angaben bei den Gesundheitsfragen verjähren zehn Jahre nach dem Vertragsschluss.

Wann verjähren Krankheiten?

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Ob Krankheiten und Behandlungen in den Gesundheitsfragen angegeben werden müssen, hängt davon ab, wie lange diese zurückliegen. Die Gesundheitsfragen der Berufs­unfähigkeits­versicherung fragen je nachdem, um was es geht, nach Krankheiten, Behandlungen und Beschwerden der letzten drei, fünf oder zehn Jahre.

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Katharina Burnus
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