Das Wichtigste in Kürze
- Die Erwerbsminderungsrente ist eine staatliche Leistung der gesetzlichen Rentenversicherung.
- Sie wird bei voller oder teilweiser Erwerbsunfähigkeit gezahlt, wenn bestimmte Bedingungen erfüllt sind.
- Die Höhe der Erwerbsminderungsrente reicht normalerweise nicht aus, um den Lebensstandard zu halten.
- Die einzige Möglichkeit, sich gegen eine mögliche Einkommenslücke abzusichern, ist eine private Berufsunfähigkeitsversicherung.
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Was ist eine Erwerbsminderungsrente?
Die Erwerbsminderungsrente ist eine staatliche Leistung, auf die prinzipiell alle, die in die gesetzliche Rentenversicherung einzahlen, Anspruch haben. Die Rente wird dann ausgezahlt, wenn man erwerbsunfähig ist und das reguläre Rentenalter noch nicht erreicht hat.
Was bedeutet Erwerbsunfähigkeit?
Die Erwerbsfähigkeit wird mit Blick auf eine Tätigkeit unter üblichen Bedingungen und eine 5-Tage-Woche beurteilt. Voll erwerbsfähig ist, wer sechs Stunden und darüber hinaus arbeiten kann. Bei einer möglichen Arbeitszeit von drei bis sechs Stunden spricht man von einer teilweisen Erwerbsminderung. Wer aufgrund von Krankheit oder Behinderung weniger als drei Stunden arbeiten kann, gilt als erwerbsunfähig.
Die häufigsten Gründe hierfür sind psychische Erkrankungen, aber auch Kreislauferkrankungen, Erkrankungen des Bewegungsapparats und Krebs kommen häufig vor.
Zur Abgrenzung der Begriffe: Berufsunfähig ist man dann, wenn man nur seinem aktuellen Job nicht mehr nachgehen kann. Andere Tätigkeiten aufzunehmen wäre jedoch möglich. Bei Erwerbsunfähigkeit geht auch das nicht mehr.
Wer erhält die Erwerbsminderungsrente?
Eine Erwerbsminderungsrente erhalten diejenigen, die voll oder teilweise erwerbsgemindert sind. Die (Rest-)Leistungsfähigkeit und ob eine Erwerbstätigkeit ausgeführt werden kann, stellt der Arzt fest. Eine vom Arzt diagnostizierte Arbeitsunfähigkeit und die Anerkennung einer Schwerbehinderung durch das Versorgungsamt sind jedoch irrelevant. Entscheidend ist, ob das Restleistungsvermögen die Ausübung einer Berufstätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zulässt.
Voraussetzungen für die Erwerbsminderungsrente
- Die antragstellende Person ist ganz oder teilweise erwerbsunfähig.
- Die Regelaltersgrenze für die reguläre Altersrente (das 65. bzw. 67. Lebensjahr) wurde noch nicht erreicht.
- In den zurückliegenden 5 Jahren hat die Person mindestens 3 Jahre lang in die gesetzliche Rentenversicherung eingezahlt.
- Die Person war vor dem Zeitpunkt des Antrags mindestens 5 Jahre lang in der gesetzlichen Rentenversicherung versichert (dies ist die sogenannte Wartezeit).
- Die Erwerbsfähigkeit kann auch durch Reha-Maßnahmen nicht wiederhergestellt werden.
Was gilt als Wartezeit?
Es können für die Wartezeit nicht nur Zeiten angerechnet werden, in denen Pflichtbeiträge gezahlt wurden, sondern z.B. auch freiwillige Beiträge oder Kindererziehungszeiten. Für Menschen mit Behinderung gelten weitere Sonderregeln. Besteht beispielsweise von Geburt an eine Behinderung, so müssen diese eine Wartezeit von 20 Jahren erfüllen, während der sie beispielsweise in einer Werkstatt für behinderte Menschen beschäftigt sind. Danach können sie dann ebenfalls die volle Erwerbsminderungsrente erhalten.
Weitere Ausnahmen gelten für Menschen, die durch einen Arbeitsunfall erwerbsunfähig geworden sind, oder wenn die Erwerbsminderung innerhalb von 6 Jahren nach Abschluss einer Ausbildung eintritt.
Sind Sie vor dem 2. Januar 1961 geboren?
Dann haben Sie noch Anspruch auf eine staatliche Berufsunfähigkeitsrente, die unter Umständen höher ausfällt als die Erwerbsminderungsrente. Zudem müssen Sie dann nicht jeden beliebigen anderen Job annehmen, wenn Sie Ihren eigentlichen Beruf nicht mehr ausüben können, sondern nur einen, der Ihrer Qualifikation und erreichten Stellung entspricht.
Volle Erwerbsminderungsrente
Wenn eine ärztlich bestätigte volle Erwerbsunfähigkeit besteht, und diese der Rentenversicherung nachgewiesen werden konnte, erhält man die volle Erwerbsminderungsrente.
Theoretisch ist es auch hier noch möglich, bis zu 3 Stunden am Tag zu arbeiten und damit etwas hinzuzuverdienen. Hier gilt eine feste Hinzuverdienstgrenze von 6.300 Euro pro Jahr plus ein individueller maximaler Hinzuverdienstbetrag, der sich am höchsten Gehalt aus den letzten 15 Jahren orientiert. Bei Überschreitung des Gesamtbetrages kann die Rente gekürzt oder gestrichen werden.
Teilerwerbsminderungsrente
Wer teilweise erwerbsgemindert ist, also noch zwischen 3 und 6 Stunden am Tag einem Job nachgehen kann, erhält eine teilweise Erwerbsminderungsrente. Diese ist halb so hoch wie die volle Erwerbsminderungsrente und ergänzt die Einkünfte aus einer Teilzeitarbeit.
Auch hier gelten bestimmte Hinzuverdienstgrenzen, sodass bei entsprechend hohen Einkünften die Rente gekürzt wird. Dies wird individuell ermittelt und richtet sich nach dem höchsten Gehalt aus den letzten 15 Jahren.
Sollte man arbeitslos sein, weil kein Teilzeitarbeitsplatz zu bekommen ist, gibt es die Möglichkeit, die volle Erwerbsminderungsrente zu erhalten, auch wenn der ärztliche Befund nur eine teilweise Erwerbsminderung festgestellt hat.
Tipp für Selbständige
Selbständige können innerhalb der ersten 5 Jahre ihrer Selbständigkeit bei der Rentenversicherung einen Antrag auf Pflichtversicherung stellen. Dann müssen sie, wie Angestellte auch, monatliche Beiträge in die gesetzliche Rentenversicherung einzahlen. Der Vorteil ist: Hierdurch erhalten sie Anspruch auf Alters- und Erwerbsminderungsrente.
Erwerbsminderungsrente für Berufseinsteiger?
Besonders Berufsanfänger sind im Fall, dass sie erwerbsunfähig werden, gefährdet, denn sie erfüllen normalerweise die Wartezeit für die Erwerbsminderungsrente noch nicht. Azubis sind für den Fall eines Arbeitsunfalls oder einer Berufskrankheit trotzdem geschützt. Studenten haben jedoch keinerlei Anspruch auf eine Erwerbsminderungsrente. Besonders für sie lohnt sich eine Berufsunfähigkeitsversicherung (BU).
So wird der Antrag auf Erwerbsminderungsrente gestellt
Der Antrag auf Erwerbsminderungsrente wird bei der Deutschen Rentenversicherung gestellt. Dort müssen einige Unterlagen eingereicht werden, die im Anschluss von der Rentenversicherung überprüft werden. Zudem überprüft die Rentenversicherung mit eigenen Gutachtern, ob und wie viel die antragstellende Person noch arbeiten kann.
Wann sollte der Antrag gestellt werden?
Erwerbsminderungsrente kann man frühestens ab dem siebten Monat nach Beginn der Erwerbsunfähigkeit bekommen, da vorher das Krankengeld der gesetzlichen Krankenkasse gezahlt wird. Empfehlenswert ist es, den Antrag drei Monate vor dem angestrebten Beginn der Rentenzahlung einzureichen, da die Bearbeitung einige Zeit dauert.
Welche Unterlagen müssen eingereicht werden?
Neben den üblichen Standardunterlagen – z.B. Rentenversicherungsnummer, Ausweis, Versicherungsnachweis, Steuer-ID – benötigt die Rentenversicherung u.a. eine Liste der vorliegenden Gesundheitsstörungen, die Adressdaten der behandelnden Arztpraxen und eine chronologische Aufstellung der beruflichen Tätigkeiten. Die komplette Liste der benötigten Unterlagen können sie hier auf den Seiten der Deutschen Rentenversicherung einsehen.
Hilfestellung zum Ausfüllen des Antrags gibt es kostenfrei bei den Beratungsstellen der Rentenversicherung.
Was passiert, wenn der Antrag abgelehnt wird?
Dies kommt durchaus nicht selten vor – fast die Hälfte aller Anträge wird abgelehnt, oder es wird statt der vollen nur die halbe Erwerbsminderungsrente gezahlt. Es ist aber möglich, innerhalb eines Monats nach dem Bescheid Widerspruch einzulegen – sehr wichtig ist, dass die Frist auch wirklich eingehalten wird. Im Anschluss kann man noch eine ausführlichere Begründung nachreichen. Die Unterstützung eines Anwalts kann hierbei sehr wertvoll sein. Auch Sozialverbände helfen hier.
Sollte der Antrag dann immer noch abgewiesen werden, ist natürlich noch eine Klage vor dem Sozialgericht möglich. Allerspätestens hier sollte man sich jedoch anwaltliche Hilfe dazuholen.
Wie lange wird die Erwerbsminderungsrente gezahlt?
Erwerbsminderungsrenten werden grundsätzlich nur für eine befristete Zeit gewährt. Sofern die Erwerbsunfähigkeit fortbesteht, muss diese danach erneut nachgewiesen werden. Falls der Gesundheitszustand sich gebessert hat, wird die Rente wieder entzogen.
Es kann sein, dass mehrfach nur eine befristete Erwerbsminderungsrente bewilligt wird, bevor eine unbefristete Rente gewährt wird. Längstens geht dies jedoch 9 Jahre lang, danach wird davon ausgegangen, dass die Erwerbsminderung nicht mehr behoben werden kann.
Ausnahmen bestehen bei Renten, die aufgrund einer spezifischen Arbeitsmarktlage gezahlt werden, d.h. wenn Versicherte also eigentlich nur zum Teil erwerbsgemindert sind, aber aufgrund von Arbeitslosigkeit eine volle Erwerbsminderungsrente erhalten. Wichtig: Der Antrag auf Weiterzahlung muss rechtzeitig – ca. sechs Monate vor Befristungsende – gestellt werden!
Wie hoch ist die Erwerbsminderungsrente?
Normalerweise reicht eine Erwerbsminderungsrente nicht zum Leben aus und es müssen zusätzliche Sozialleistungen beantragt werden. So betrug die durchschnittliche Höhe erstmals gezahlter Erwerbsminderungsrenten laut Rentenatlas der Deutschen Rentenversicherung im Jahr 2018 735 Euro pro Monat (Mehr zu Statistiken und Zahlen der Deutschen Rentenversicherung hier).
Ein Rechenbeispiel: Wie viel Erwerbsminderungsrente würden Sie erhalten?
Sie sind:
- verheiratet,
- 40 Jahre alt
- und beziehen ein monatliches Brutto-Einkommen von 1.800 Euro
Die Berechnung ergibt, dass Sie bei voller Erwerbsminderung eine gesetzliche Rente in Höhe von:
- 519 Euro
erhalten. Damit entsteht bei Berufsunfähigkeit, wenn man von einem Netto-Verdienst von etwa 1.431 Euro ausgeht, eine finanzielle Lücke von:
- 912 Euro
Berechnungsgrundlage: Durchschnittseinkommen
Für die Höhe der Erwerbsminderungsrente spielt das durchschnittliche Einkommen eine entscheidende Rolle. Hier war bisher das Durchschnittseinkommen aller Jahre der vorhergegangenen Erwerbstätigkeit die Berechnungsgrundlage.
Seit dem 1. Juli 2014 besteht die Möglichkeit, die letzten vier Jahre aus dieser Berechnung herauszunehmen, wenn dies finanziell günstiger für den Betroffenen ist. Diese Neuerung wurde vorgenommen, da häufig bereits vor Eintritt der Erwerbsminderung schon Einschränkungen bestanden, die zu Einkommenseinbußen führten, z.B. aufgrund von Arbeitszeitverkürzungen.
Mögliche Sozialleistungen
Wer eine unbefristete volle Erwerbsminderungsrente erhält, kann zusätzlich Grundsicherung beantragen. Wenn die Erwerbsunfähigkeit nur teilweise und/oder befristet besteht, können andere Leistungen wie z.B. Hartz IV greifen.
Wenn man es vermeiden möchte, von Sozialleistungen abhängig zu sein, die ohnehin nur das notwendige Minimum abdecken, sollte man so früh wie möglich eine private Berufsunfähigkeitsversicherung abschließen.
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Die Berechnung der Erwerbsminderungsrente
Wenn man eine Erwerbsminderungsrente beantragt, hat man oft noch lange nicht das Alter für die gesetzliche Rente erreicht. Dies führt zu dem Problem, dass die Beitragsjahre für die Rentenzahlung fehlen. Um dieses Problem zu lösen, wird mit der sogenannten Zurechnungszeit gerechnet. Rechnerisch wird einfach angenommen, die antragstellende Person hätte weiter normal Rentenbeiträge gezahlt, und zwar bis zum 62. Lebensjahr. Dabei spielt es keine Rolle, in welchem Alter die Erwerbsminderung tatsächlich begann. Aktuell wird die Zurechnungszeit weiter schrittweise erhöht, bis sie im Jahr 2031 bei 67 Jahren sein wird. Durch diese Reformen werden Erwerbsunfähige besser gestellt.
Abschläge für vorzeitig bezogene Renten
Trotz dieser Besserstellungen müssen Erwerbsunfähige Abschläge in Kauf nehmen, wenn sie unter einer bestimmten Altersgrenze liegen. Diese war 2012 bei 63 Jahren und wird bis 2024 schrittweise auf 65 angehoben. Ab dann kann man erst, wenn man 65 ist, eine abschlagsfreie Erwerbsminderungsrente beziehen.
Für alle Jüngeren wird 0,3 Prozent pro Monat, den man vor dem eigentlichen Renteneintrittsalter Rente beziehen möchte, abgezogen. Das Maximum sind 10,8 Prozent. Dieser Abschlag wird dann auch auf die zukünftige Altersrente angewendet.
Besser abgesichert mit einer Berufsunfähigkeitsversicherung
Die Erwerbsminderungsrente löst die gesetzliche Berufs- und Erwerbsunfähigkeitsrente ab, die nur Personen erhalten, die vor dem 02.01.1961 geboren wurden. Damit zieht sich der Gesetzgeber aus dem Berufsschutz zurück. Das Ergebnis ist, dass es im Bedarfsfall deutlich schwieriger ist, eine volle Rente wegen Erwerbsminderung zu erhalten. Hinzu kommt, dass in den meisten Fällen eine immense Einkommenslücke entsteht, da die Höhe der gesetzlichen Erwerbsminderungsrenten deutlich abgesenkt wurde. Damit hat der Gesetzgeber die Verantwortung dafür, eine ausreichende Absicherung gegen Berufsunfähigkeit sicherzustellen, auf den Verbraucher übertragen.
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